Franciszek Matczak

Francizsek Matczak wurde 1920 am 21. September in Salnia / Polen (in der Nähe von Posen) als Sohn von Jan und Konstancja Matczak geboren.

Am 16. August 1941 wurde er in Engers, „Reiler Pütz" erhängt (heute: Neuwied, Stadtteil Engers, Schimmelsberger Weg / Kannsee).

Günther Salz, Neuwied-Engers, forschte über Franciszek Matczak. Folgendes ist aus seiner Dokumentation übernommen:

Franciszek Matczak wurde am 21.9.1920 in Salnia, einem kleinen Dorf nahe der polnischen Kreisstadt Krotoszyn in West-Polen in der Nähe von Posen geboren. Er hatte sechs Geschwister, war Leiter einer Theatergruppe und arbeitete wahrscheinlich in einer Fabrik. Sein Vater war Bahnbeamter. Im Winter 1939 meldete er sich mit zwei Kameraden nicht ganz freiwillig zum Arbeitseinsatz in Deutschland. Seit August 1940 arbeitete er in Heimbach auf einem Bauernhof und lebte dort in der Remise. Dort freundete er sich wohl mit einer jungen Frau an. Die Eltern starben, ohne vom Tod ihres Sohnes erfahren zu haben.

Etwa März/April 1941 muss er bei der Ortspolizeibehörde der Amtsbürgermeisterei Engers denunziert worden sein. Er soll gegen Ziffer 7 des „Merkblatts über die Pflichten der Zivilarbeiter polnischen Volkstums“ verstoßen haben: „Wer mit einer deutschen Frau oder einem deutschen Mann geschlechtlich verkehrt oder sich ihnen sonst unsittlich nähert, wird mit dem Tode bestraft.“[1] Er wurde daraufhin in das Gestapo-Gefängnis in Koblenz eingeliefert. Am 5.Juli 1941 kam die für das "Rasse- und Siedlungswesen" zuständige Abteilung bei dem Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) zu dem Ergebnis, dass Matczak nicht "eindeutschungsfähig" sei. Man stellte beim Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin den Antrag auf "Sonderbehandlung". Am 4. August 1941 erging der entsprechende Erlass.

Am Tag der Hinrichtung, dem 16.8.1941, hatte ein LKW den Galgen aus der Sammelgarage der Koblenzer Gestapo zur Kiesgrube in der Nähe des „Reiler Pütz“ gebracht. Matczak folgte im PKW, seine Hände waren nach hinten gefesselt; sein Kopf war mit einer schwarzen Kapuze oder einem Tuch verhüllt. Ohne Urteilsverkündung musste er um 8 Uhr auf den Galgentisch steigen, auf dem ein Pole stand, der ihm die Füße zusammenband und die Schlinge um den Hals legte. Ein anderer Pole zog an zwei Griffen, wodurch die Platte herunter fallen und das Opfer töten sollte. Die zu dieser Tat gepressten Henker erhielten die ihnen zustehenden je drei Zigaretten. Aus dem offiziellen Hinrichtungsbericht geht jedoch hervor, dass das Seil an der Seite des Galgenpfostens nicht richtig befestigt war, so dass der Körper zur Erde glitt. Danach wurde der Körper Matczacks erneut hoch gezogen und gehenkt. Der Bericht schließt mit den Worten: „Irgend einen peinlichen Eindruck hatte dieser Vorfall weiter nicht hervorgerufen. Nach einer Viertelstunde Hängens wurde der Tod festgestellt, der Körper herabgelassen und eingesargt.“ An der Hinrichtung nahmen der Koblenzer Gestapo-Chef Obersturmbannführer Otto Sens und der Neuwieder NSDAP-Kreisleiter Heinrich Hörster teil.

50 polnische Zwangsarbeiter mussten sich an diesem 16. August morgens um 6 Uhr an der Bendorfer Straße einfinden, von wo aus sie zur Werftstraße und in eine der Hinrichtungsstätte benachbarten Kiesgrube geführt wurden. Nach der Hinrichtung wurden die eingeschüchterten Polen zu dem Leichnam geführt und zur Abschreckung vorschriftsmäßig belehrt, dass ihnen Gleiches geschähe, wenn sie ebenfalls gegen die Vorschriften verstoßen würden. [2] "Mahnmal Koblenz" fügt hinzu: Noch am selben Tag wurde der Leichnam in das Anatomische Institut der Universität Bonn als "Eingang Nr. 31" des Jahres 1941 eingeliefert. Sein Leichnam wird aber nicht für Versuchs- bzw. Unterrichtszwecke verwendet, sondern am 10. September 1941 auf dem Bonner Nordfriedhof begraben.

Es sei als Fußnote der Geschichte angemerkt, dass der Reiler Pütz von den Nazis nicht zufällig ausgewählt wurde: Es ist ein historisch wichtiger Ort für die Region.
Im Jahre 1564 forderten die Heddesdorfer Bürger erstmalig die Zahlung eines Tributes für das Weiderecht der Bürger aus Reil und Engers auf Heddesdorfer Gemarkung. Traditionell am Pfingstdienstag wird dieser Tribut von den Heddesdofer "Pfingstreitern" im Anschluss an einen Wettritt von Heddesdorf aus eingefordert, verbunden mit einem Volksfest.

Die Webseite des Vereins "Mahnmal Koblenz" liefert zusätzliche Informationen zum Verhältnis Deutschland - Polen und zu polnischen Zwangsarbeitern.

Ebenfalls auf dieser Website beschäftigt sich Joachim Hennig in einem zweiteiligen Artikel aus der Zeitschrift "Heimat zwischen Hunsrück und Eifel" Nr. 7 - Juli 2004 mit der sogenannten "Sonderbehandlung" der Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg. Titel: "Die Morde vor der Haustür").

 

Die allgemeine Lage der Zwangsarbeiter in Engers und Umgebung ist Forschungsgegenstand einer Schrift von Günter Salz, erschienen im Heimatjahrbuch 1997 des Landkreises Neuwied (Kreismedienzentrum Neuwied) S.  27-34

In einer Artikelreihe in der Rhein-Zeitung Neuwied vom 24.4.1995 schildert die Autorin Hildegard Brog die Situation der Zwangsarbeiter im Kreis Neuwied

„Ein dunkles Kapitel der Geschichte“
„Von 'Parasiten' verprügelt und gequält“
„Rassistisch und menschenverachtend machten Nazis Jagd auf Arbeitskräfte“

 

In der ZDF-Mediathek beschäftigt sich eine dreiteilige Dokumentation mit der Geschichte der Zwangsarbeit in Nazi-Deutschland unter dem Titel: Hitlers Sklaven

 

Erläuterungen:

[1] Ziffer 6 lautete: „Jeder gesellige Verkehr mit der deutschen Bevölkerung, insbesondere der Besuch von Theatern, Kinos, Tanzvergnügen, Gaststätten und Kirchen ... i st verboten.“ Mit solchen Bestimmungen sollte der Kontakt, der sich während der Feldarbeit oftmals recht freundschaftlich gestaltete, unterbunden werden. Bei den Zwangsarbeitern führte er zu verzweifelter Vereinsamung.
Merkblatt über die Pflichten der Zivilarbeiter polnischen Volkstums vom 10.4.1940

 

[2] Textauszug aus: Reinhard Kühnle, Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, 3. Aufl. Köln 1978, S. 328 ff. :

Vergl. zur Lage der Zwangsarbeiter aus Osteuropa: Heinrich Himmler: „Über die Behandlung des Fremdvölkischen im Osten“ vom 15.5.1940: "...Für die nichtdeutsche Bevölkerung des Ostens darf es keine höhere Schule geben als die vierklassige Volksschule. Das Ziel dieser Volksschule hat lediglich zu sein: Einfaches Rechnen bis höchstens 500, Schreiben des Namens, eine Lehre, daß es ein göttliches Gebot ist, den Deutschen gehorsam zu sein und ehrlich, fleißig und brav zu sein. Lesen halte ich nicht für erforderlich.  .... Diese Bevölkerung wird als führerloses Arbeitsvolk zur Verfügung stehen und Deutschland jährlich Wanderarbeiter und Arbeiter für besondere Arbeitsvorkommen (Straßen, Steinbrüche, Bauten), stellen; sie wird selbst dabei mehr zu essen und zu leben haben als unter der polnischen Herrschaft und bei eigener Kulturlosigkeit unter der strengen, konsequenten und gerechten Leitung des deutschen Volkes berufen sein, an dessen ewigen Kulturtaten und Bauwerken mitzuarbeiten und diese, was die Menge der groben Arbeit anlangt, vielleicht erst ermöglichen. ....“
gesamten Text lesen

 


Quellen:

Günther Salz, Neuwied-Engers

Webseite: "Mahnmal Koblenz"

Reinhard Kühnle , Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, 3. Aufl. Köln 1978, S. 328 ff.
http://www.ns-archiv.de/krieg/untermenschen/himmler-fremdvolk.php

Stadtarchiv Worms, Abt. 13 Nr. 1061: Merkblatt über die Pflichten der Zivilarbeiter polnischen Volkstums vom 10.4.1940

Abb. 1: Günther Salz, Engers

Abb. 2: Helge Kister

Abb. 3: Sterbebuch 1941 des Standesamtes Engers

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Franciszek Matczak<br /><br>Foto: G&uuml;nther Salz, Engers
Abb. 1: Franciszek Matczak
Grabplatte von Franciszek Matczak auf dem Bonner Nordfriedhof<br><br>Foto: Helge Kister
Abb. 2: Grabplatte auf dem Bonner Nordfriedhof
Sterbeurkunde Franciszek Matczak<br /><br>Quelle: Sterbebuch 1941 des Standesamtes Engers
Abb. 3: Sterbeurkunde Franciszek Matczak
 
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