Alex Platz

Alex Platz wurde am 15. April 1887 in Gladbach geboren.

Er wohnte in Gladbach, Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18, Neuwied, Stadtteil Gladbach). Zusammen mit seiner Ehefrau Rosa Platz (geb. Keller), geboren am 2. Mai 1886 in Bararach, führte er bis zum Berufsverbot eine Metzgerei im elterlichen Haus.

Alex Platz musste seine Bleibe, die er inzwischen bei Schwester Frida und Schwager Julius Levy in der Sandgasse gefunden hatte, am 30. März 1942 mit nur einigen wenigen Habseligkeiten verlassen,und sich am Neuwieder Bahnhof zum Transport nach Koblenz einfinden. Er wurde 1942 an einen unbekannten Ort deportiert und gilt seitdem als verschollen. 

Zeitzeugen berichten:

Alfred Schwan aus dem Neuwieder Stadtteil Gladbach, erzählt:

"Alex – verheiratet, keine Kinder – übernahm von seinem Vater die Metzgerei im elterlichen Haus und hat bis zum Verbot geschächtet. Nach der Zwangsschließung der Metzgerei arbeitete Alex bis zur Deportation in der Schwemmsteinwerk Christian Heß in der Rommersdorfer Straße."

Elisabeth (Liesel) Nick erzählt:

"Bis zum Herbst 1942 wurden am Haus in der Rommersdorfer Straße Bimssteine gemacht – zuletzt nur noch mit Platze Max [Anmerkung: Es muss sich um Alex Platz gehandelt haben, Max Platz emigrierte bereits 1937 mit seinen Eltern und dem Bruder Leo nach Bogota / Kolumien] – einem Juden, der uns als Arbeiter zugeteilt worden war und irgendwann weg musste. Als er sich verabschiedete, brachte er jedem von uns ein Geschenk mit. Ich bekam einen Silberlöffel von ihm, den ich heute noch habe. Zwei oder drei Tage stand der Zug mit den Juden noch auf dem Neuwieder Bahnhof und Christian [Anmerkung: Christian Heß war der Vater von Liesel Nick, geb. Heß] fuhr jeden Morgen mit seinem Einpedalenrad nach Neuwied und brachte Pellkartoffeln und Brot zum Zug. ... Jedenfalls wurden sie schon beim „Verladen“ in Männer- und Frauengruppen getrennt. Die zwei jüdischen Gladbacher Ehepaare – Platze und Levis – hatten ihre wenigen Sachen, die sie sich einpacken durften, zusammen gepackt. (Sie lebten schon vor der Kristallnacht im kleinen Levis-Haus zusammen.) Alles wurde in Neuwied auf die Erde geschüttet und jeder musste sich seine Teile raussuchen – hauptsächlich eine Tasse, einen Teller, einen Löffel und eine Gabel. Messer durften sie nicht haben. Das hat Max [Anmerkung: richtig muss es Alex heißen] Christian noch erzählen können. ..."

Die Eltern:

Alex Eltern waren Dora Platz, geborene Salomon, geboren am 6. März 1848 in Weis, und Isaac Platz, geboren am 20. Juni 1849 in Dirmerzheim. Sie heirateten am 29. Dezember 1874.

Dora und Isaac Platz wohnten mit ihren Kindern Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, FridaAlex, Henriette und Johanna in Gladbach in der Sandgasse 35 (heute: Sandgasse 5, Neuwied, Stadtteil Gladbach) und später in der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18, Neuwied, Stadtteil Gladbach).

Sie erlebten das damals seltene Fest der Goldenen Hochzeit. Die Feier fand unter großer Anteilnahme der Dorfbewohner im Saale Kiefer statt. Der Gesangverein brachte ihnen ein Ständchen.

Die Geschwister:

Salomon Platz wurde vom 30. Juni 1941 bis zum 12. Juli 1941 zunächst im Konzentrationslager Dachau inhaftiert und am 12. Juli 1941 von dort in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Dort wurde er am 30. Dezember 1941 ermordet.

Schwester Emma, geboren am 19. Dezember 1875 in Gladbach heiratete am 26. April 1906 den Händler und Schneider Heinrich Meyer, geboren am 28. Mai 1877 in Neuwied. Sie hatten zwei Söhne – Ernst, geboren am 17.03.1907 und Erich, geboren am 22.10.1919. Über das Schicksal von Emma und ihren Söhnen ist nichts bekannt. Heinrich Meyer verstarb am 24.12.1933.

Bruder Julius, geboren am 15. März 1880 in Gladbach – Viehändler, verheiratet mit Juliane, genannt Jula, geborene Hirsch, geboren am 17. Dezember 1878 in Bentheim/Sieg – war Vorbeter in der Synagoge in Niederbieber, die er jeden Samstag (Sabbat) festlich gekleidet besuchte. Julius und Jula hatten zwei Söhne, Max, Jahrgang 1908, und Leo, Jahrgang 1913. Diese Familie wohnte in der Rommersdorfer Straße 3. Leo unterhielt im elterlichen Haus ein gut florierendes Geschäft. Er verkaufte und reparierte Fahrräder des Fabrikats Goldrad und Radios des Fabrikats Saba. Als einzige Familie ihrer Sippe übersiedelte sie nahezu zum letztmöglichen Termin [25.10.1937] nach Bogota in Kolumbien. Sohn Max heiratete dort und kehrte nach dem Krieg mit Frau, Tochter und Sohn Alexo nach Gladbach zurück. Nach seinem Tod wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Koblenz bestattet.
Sohn Leo heiratete auch, wurde Geschäftsmann und Vater von fünf Kindern. (lt. Alfred Schwan)

Bruder Moses mit Ehefrau Johanna, geborene Seligmann, deren Söhne Leo und Kurt sowie die Enkeltochter Reha wurden Opfer der Shoa. 

Für Leo, dessen Ehefrau Rosa, geborene Roer, und Reha Platz sind in Köln, Altstadt Nord, in der Eigelsteinstraße Stolpersteine verlegt.

Schwester Regina, geboren am 12. Juni 1883 in Gladbach, verstarb am 20. Januar 1932 in Gladbach und ist wie ihre Schwester Johanna, geboren am 3. Juni 1892 und verstorben am 26. Oktober 1892 in Gladbach, auf dem Jüdischen Friedhof in Niederbieber beigesetzt.

Schwester Frida mit Ehemann Julius Levy mussten sich am 30. März 1942 am Neuwieder Bahnhof einfinden. Beide wurden deportiert und später ermordet.

Schwester Henriette, geboren am 26. November 1889 in Gladbach, wohnte mit Ehemann Hermann Platz, geboren am 5. Oktober 1874 in Lechenich, und ihrer Tochter Ruth Berta, geboren in Köln am 29. August 1920, wurden am 30. Oktober ab Köln nach Litzmannstadt deportiert.

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Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

Zeitzeuge Alfred Schwan, Neuwied, Stadtteil Gladbach

Zeitzeugin Elisabeth (Liesel) Nick, Neuwied, Stadtteil Gladbach

Ortschronik des Bürgermeisteramtes Engers, Bestand 510 Nr. 2 

LHA Bestand 630,005 Nr. 141 Standesamt Engers 1874

LHA Bestand 630,005 Nr. 2 Standesamt Engers 1875

LHA Koblenz 630,009 (Einwohnermeldekartei)

StA Neuwied Geburtsregister Nr. 154/1877

LHA Bestand 630,005 Nr. 10 Standesamt Engers 1883

LHA Bestand 630,005 Nr. 16 Standesamt Engers 1889

Naftali Bar-Giora Bamberger: Memor-Buch, Der jüdische Friedhof in Neuwied-Niederbieber, Neuwied 2000

Abb. 1 u. 2: Annemie Trautzenberg

Abb. 3 u. 4: unbekannt

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Das Elternhaus der Geschwister  Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, Frieda, Alex, Henriette und Johanna Platz von der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18) Richtung Kirche betrachtet.
Abb. 1: Elternhaus der Geschwister Platz im Stadtteil Gladbach
Das Elternhaus der Geschwister  Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, Frieda, Alex, Henriette und Johanna Platz von der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18) von der Obergasse aus  betrachtet.
Abb. 2: Elternhaus der Geschwister Platz im Stadtteil Gladbach
Das Wohn- und Geschäftshaus von  Julius Platz in der Rommersdorfer Straße
Abb. 3: Wohn- und Geschäftshaus
von Julius Platz
Das Wohn- und Geschäftshaus (links) von  Julius Platz in der Rommersdorfer Straße
Abb. 4: Wohn- und Geschäftshaus (links) von Julius Platz
 
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