Frida Levy

Frida Levy wurde am 5. September 1885 als Frida (Frieda) Platz in Gladbach geboren.

Sie wohnte zusammen mit ihrem Mann Julius Levy in Gladbach, Sandgasse 35 (heute: Sandgasse 5, Neuwied, Stadtteil Gladbach).

Frida Levy musste am 30. März 1942 ihr Haus in Gladbach mit nur einigen wenigen Habseligkeiten verlassen und sich am Neuwieder Bahnhof zum Transport nach Koblenz einfinden . Später wurde sie ab Trier über Köln am 27. Juli 1942 in des Ghetto Theresienstadt und am 29. Januar 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort am gleichen Tag ermordet.

Frau Anneliese Stockhausen, geb. Lahr, erzählt:
„Unsere nächsten Nachbarn waren Levys. Wir Kinder sagten nur Onkel Levy und Tante Frida. In gewissen Zeiten gab es immer Matzen für uns Kinder. Bekamen wir ein Kalb, hat Herr Levy immer geholfen. Auch wenn der Vater im Feld war, hat Herr Levy den Stall überwacht. Sollten Hühner geschlachtet werden, hat Herr Levy das gemacht. In Köln hatten Levys Verwandte, die oft zu Besuch kamen, die Jett mit der Tochter Ruth.

1937 zu meiner Kommunion schenkten Levys, die natürlich zur Feier eingeladen waren, mir ein Silberkettchen mit Kreuz; das habe ich heute noch, und seit der Kristallnacht ist es mir heilig. Das gebe ich nicht her; das nehm ich mit ins Grab.

Die Kristallnacht war für uns Kinder – auch für mich – ich war ja schon 11 Jahre alt – ganz, ganz schlimm. Zu der Zeit wohnte schon Familie Platz, Max und Rosa (ich glaube, die war aus Bacharach) bei Levys. Wir hatten Turnen, und ich kam die Kirchstraße und Sandgasse herunter aus der Schule. In der Kirchstraße kam uns ein Auto entgegen. Vorne saßen zwei Mann in Uniform, und hinten saßen Max  und Julius. Sie kamen nach 2 oder 4 Tagen (genau weiß ich das nicht) wieder heim.

In der Sandgasse war es dann zu schrecklich für ein Kind. Alles lag auf der Straße – meist kaputt. Rote-Rüben-Brühe lief die Straße hinab; das sah aus wie Blut. Das sehe ich heute noch vor mir. Im Fenster – das war auch kaputt – hing an einem Besenstiel eine (von den Nazis?) beschmutzte Unterhose von Tante Frida. Das war so beschämend.

Etwas später waren alle vier Personen mal eine kurze Zeit in Sayn in der Anstalt, kamen aber (nach wie langer Zeit, weiß ich nicht) wieder zurück (ich glaube wegen Platzmangel). Sie hatten überhaupt nichts mehr, kamen auch nicht mehr zu uns rüber, weil es ihnen verboten war.

Die Mutter ließ uns Mädchen immer einiges hinter ihr Hoftürchen legen: eine Flasche Milch, ein paar Eier, etwas Gemüse und Kartoffeln. Dann kam einmal ein Mann, der sagte zu den Eltern: Gebt acht! Ihr werdet beobachtet! Sonst wird bei Euch auch entrümpelt. Auch als meine Eltern nach der Kristallnacht die vielen Scherben wegkehrten, wurden sie gewarnt und weggeschickt: Die Scheiße sollen die selber wegräumen.

Irgendwann 1942 waren alle vier Juden dann zusammen weg, und man hat nie mehr etwas von ihnen gehört."

Die Eltern:

Fridas Eltern, waren Dora Platz, geborene Salomon, geboren am 6. März 1848 in Weis, und Isaac Platz, geboren am 20. Juni 1849 in Dirmerzheim. Sie heirateten am 29. Dezember 1874.

Dora und Isaac Platz wohnten mit ihren Kindern Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, FridaAlex, Henriette und Johanna in Gladbach in der Sandgasse 35 (heute: Sandgasse 5, Neuwied, Stadtteil Gladbach) und später in der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18, Neuwied, Stadtteil Gladbach).

Sie erlebten das damals seltene Fest der Goldenen Hochzeit. Die Feier fand unter großer Anteilnahme der übrigen Dorfbewohner im Saale Kiefer statt. Der Gesangverein brachte ihnen ein Ständchen.

Die Geschwister:

Bruder Salomon Platz wurde vom 30. Juni 1941 bis zum 12. Juli 1941 zunächst im Konzentrationslager Dachau inhaftiert und am 12. Juli 1941 von dort in das Konzentrationslager Buchenwald überführt. Dort wurde er am 30. Dezember 1941 ermordet.

Schwester Emma, geboren am 19. Dezember 1875 in Gladbach heiratete am 26. April 1906 den Händler und Schneider Heinrich Meyer, geboren am 28. Mai 1877 in Neuwied. Sie hatten zwei Söhne – Ernst, geboren am 17.03.1907 und Erich, geboren am 22.10.1919. Über das Schicksal von Emma und ihren Söhnen ist nichts bekannt. Heinrich Meyer verstarb am 24.12.1933. 

Schwester Sybille und ihr Ehemann Benny Salomon wurden beide am 15.6.1942 von der Heil- und Pflegeanstalt (Jakobysche Anstalt) Bendorf-Sayn aus über Koblenz nach Izbica deportiert und dort ermordet.

Bruder Julius, geboren am 15. März 1880 in Gladbach, Viehändler, war verheiratet mit Juliane, genannt Jula, geborene Hirsch, geboren am 17. Dezember 1878 in Bentheim/Sieg. Er war Vorbeter in der Synagoge in Niederbieber, die er jeden Samstag (Sabbat) festlich gekleidet besuchte. Julius und Jula hatten zwei Söhne, Max, Jahrgang 1908, und Leo, Jahrgang 1913. Diese Familie wohnte in der Rommersdorfer Straße 3. Leo unterhielt im elterlichen Haus ein gut florierendes Geschäft. Er verkaufte und reparierte Fahrräder des Fabrikats Goldrad und Radios des Fabrikats Saba. Als einzige Familie ihrer Sippe übersiedelte sie zum nahezu letztmöglichen Termin [1937] nach Bogota in Kolumbien. Sohn Max heiratete dort und kehrte nach dem Krieg mit Frau, Tochter und Sohn Alexo nach Gladbach zurück. Nach seinem Tod wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Koblenz bestattet.
Sohn Leo heiratete auch, wurde Geschäftsmann und Vater von fünf Kindern. (lt. Alfred Schwan)

Bruder Moses mit Ehefrau Johanna, geborene Seligmann, dessen Söhne Leo und Kurt sowie die Enkeltochter Reha wurden Opfer der Shoa. 

Für Leo, dessen Ehefrau Rosa, geborene Roer, und Reha Platz sind in Köln, Altstadt Nord in der Eigelsteinstraße Stolpersteine verlegt.

Schwester Regina, geboren am 12. Juni 1883 in Gladbach, verstarb am 20. Januar 1932 in Gladbach und ist wie ihre Schwester Johanna, geboren am 3. Juni 1892 und verstorben am 26. Oktober 1892 in Gladbach, auf dem Jüdischen Friedhof in Niederbieber beigesetzt.

Bruder Alex mit Ehefrau Rosa, geborene Keller, mussten sich am 30. März 1942 am Neuwieder Bahnhof einfinden. Bruder Alex wurde 1942 an einen unbekannten Ort deportiert und gilt seitdem als verschollen.

Schwester Henriette, geboren am 26. November 1889 in Gladbach, wohnte mit Ehemann Hermann Platz, geboren am 5. Oktober 1874 in Lechenich und ihrer Tochter Ruth Berta, geboren in Köln am 29. August 1920, in Köln. Sie wurden am 30. Oktober ab Köln nach Lodz / Litzmannstadt deportiert.

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Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

Aussage von Frau Anneliese Stockhausen, geb. Lahr,
Neuwied, Stadtteil Gladbach

Aussage von Alfred Schwan, Neuwied, Stadtteil Gladbach

LHA Bestand 630,005 Nr. 141 Standesamt Engers 1874

LHA Bestand 630,005 Nr. 2 Standesamt Engers 1875

LHA Koblenz 630,009 (Einwohnermeldekartei)

StA Neuwied Geburtsregister Nr. 154/1877 

LHA Bestand 630,005 Nr. 10 Standesamt Engers 1883

LHA Bestand 630,005 Nr. 16 Standesamt Engers 1889

Naftali Bar-Giora Bamberger: Memor-Buch, Der jüdische Friedhof in Neuwied-Niederbieber, Neuwied 2000

Abb. 1 und 2: Annemie Trautzenberg

Abb. 3 und 4: unbekannt

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Das Elternhaus der Geschwister  Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, Frieda, Alex, Henriette und Johanna Platz von der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18) Richtung Kirche betrachtet.
Abb. 1: Elternhaus der Geschwister Platz im Stadtteil Gladbach
Das Elternhaus der Geschwister  Salomon, Emma, Sybille, Julius, Moses, Regina, Frieda, Alex, Henriette und Johanna Platz von der Kirchstraße 35 (heute: An der Marienkirche 18) von der Obergasse aus  betrachtet.
Abb. 2: Elternhaus der Geschwister Platz im Stadtteil Gladbach
Das Wohn- und Geschäftshaus von  Julius Platz in der Rommersdorfer Straße
Abb. 3: Wohn- und Geschäftshaus
von Julius Platz
Das Wohn- und Geschäftshaus (links) von  Julius Platz in der Rommersdorfer Straße
Abb. 4: Wohn- und Geschäftshaus (links) von Julius Platz
 
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