Oskar Strauss

Oskar Strauß wurde am 6. Januar 1895 in Rödingen/Jülich als Sohn von Moses und Johanna Strauss, geb. Wolf, geboren. 

Er heiratete die am 28. Juni 1899 geborene Edith Marcus. Das Ehepaar wohnte in Neuwied, Engerser Landstraße 61, in Ahlen und in Rheindahlen bei Mönchengladbach.

Edith und Oskar Strauss hatten einen Sohn namens Jürgen (geb. 25.8.1924 in Euskirchen), der dem Holocaust entkommen konnte. Zuletzt lebte er in El Paso/Texas, wo er am 25.4.2010 starb.

Oskar Strauss arbeitete als Geschäftsführer des Kaufhauses ERWEGE von Siegfried Eschelbacher, das sich in Neuwied in der Mittelstraße befand. Als dieses im Jahre 1938 verkauft wurde, zog er mit seiner Frau Edith, geb. Markus, am 2. November 1938 nach Rheindahlen bei Mönchengladbach. Oskar Strauss mochte dem Beispiel seines Sohnes Jürgen, der im Sommer 1939 nach England auswanderte, nicht folgen. Offensichtlich schätzte er seine Lage zu optimistisch ein. Am 22. April 1942 wurden Oskar und Edith Strauss ab Düsseldorf in das KZ Izbica deportiert und dort wohl ermordet.

In "Juden in Mönchengladbach-Rheindahlen" von Edgar Rütten und Andrea Scholz heißt es:

"Die Familie Strauß wohnte am Mühlentorplatz 6 in ihrem eigenen Haus. Das Haus wurde in Rheindahlen auch als „Villa Strauß“ bezeichnet und soll einen Wintergarten gehabt haben [127]. Moses Strauß (Vater von Oskar Strauß, Anm. d. Red.) wurde am 2. Dezember 1863 in Keyenberg bei Erkelenz geboren. Er fungierte als Vorstand der jüdischen Gemeinde Rheindahlen und war Kolonial- und Manufakturwarenhändler [128]. Am 10. Oktober 1923 starb er und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Rheindahlen beigesetzt. Seine Frau Johanna wurde am 13. Oktober 1870 geboren. Sie war die Tochter des Rheindahlener Händlers Philipp Wolf und arbeitete zu Hause als Schneiderin [129].
[...]
Ihr (Oskar und Ediths, Anm. d. Red.) Sohn Jürgen ging zu der Zeit in Köln auf eine speziell für jüdische Kinder eingerichtete Schule, da die regulären Schulen nicht mehr von Juden besucht werden durften. Von dort kam auch er Anfang Dezember 1938 in das Haus am Mühlentorplatz [143]. Jürgen verließ Rheindahlen bereits wieder am 8. März 1939 und wohnte vorübergehend in Dortmund bei seinen Großeltern mütterlicherseits (Fam. Markus, die einen Viehandel betrieben). Dort hatte er sich am 25. Juli 1939 abgemeldet und als neue Anschrift Belfast angegeben [144].

Weder er noch sein Onkel konnten seinen Vater zur Emigration bewegen. Er selber sieht mehrere Gründe für das Verhalten seines Vaters. Zum einen hatte er im 1. Weltkrieg gedient und fühlte sich daher sicher als „anerkannter Deutscher“ und die Repressalien in Rheindahlen waren nicht so massiv, daß sie einen Wegzug nahegelegt hätten. Hinzu kommt, daß seine Mutter Johanna Strauß mit der Mutter von Joseph Goebbels bekannt war, die ihr versicherte, daß alles in Ordnung kommen würde. Gegen Ende 1938 muß Oskar Strauß allerdings doch mit dem Gedanken der Ausreise gespielt haben, da er Reisepässe beantragt hatte. Von behördlicher Seite lagen dagegen keine Bedenken vor und die Auswanderung war für Anfang 1939 nach Ciudad Trujillo in Domingo geplant [145].

Jürgen Strauß wurde in der Kölner Schule auf Ausreisemöglich­keiten nach Australien aufmerksam. Ein Onkel mütterlicherseits empfahl ihm jedoch nach Großbritannien zu gehen. Aufgrund der Beziehungen dieses Onkels erhielt er ein Schülervisum nach Belfast im Rahmen des sogenannten Kindertransports [148]. Im Rahmen dieser Aktion erlaubte die britische Regierung die Einreise von etwa 10.000 Kindern zwischen fünf und siebzehn Jahren aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und Polen nach Großbritannien. Diese Kinder durften nur ohne ihre Eltern einreisen. Die Aktion selbst wurde von jüdischen und nichtjüdischen Flüchtlingskörperschaften (u.a. Quäker und christliche Organisationen) durchgeführt und finanziert [149].

In Belfast lebte er zunächst in einem Heim der jüdischen Gemeinde. Als dieses bei einem Luftangriff beschädigt wurde, zog er für kurze Zeit auf eine von der Gemeinde geführte Farm [150]. Dort stand ihm die Familie Couts, die Geschäftsfreunde seines Onkels waren, zur Seite [151]. In Belfast lernte er auch seine spätere Frau Phyllis Hunter kennen. Nach nur zwei Wochen verließ er die Farm und bekam einen Job als Händler für alte Möbel und Radios. Später betrieb er mit einem jüdischen Partner einen Gebrauchtwagen­handel, bis 1947 die britische Regierung eine Benzinrationierung vornahm. Ein Onkel in New York ermöglichte ihm 1948 das Übersiedeln in die USA [152]. Während des Korea-Krieges diente er in der US-Armee am Panama-Kanal [153]. 1951 heiratete er Phyllis Hunter, mit der er die ganze Zeit über in Briefkontakt geblieben war [154]. Kurz vor dem Ende seiner Armeezeit wurde er nach El Paso versetzt, ... Nach seiner Armeezeit war er fünf Jahre Handels­vertreter für die Nestle Company und gründete 1957 zusammen mit S. Bargman die „Empress Beauty Supply Co.“ eine Handels­gesellschaft für Kosmetikartikel. Seit 1991 ist er im Ruhestand [156]."

Am Mühlentorplatz 11 (früher: Mühlentorplatz 6), Möchengladbach liegen Stolpersteine für Edith und Oskar Strauss sowie für dessen Mutter Johanna, die 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Minsk ermordet wurde.

Oskar Strauss' Bruder Walter, geboren am 10. Dezember 1899, gelang die Flucht nach Shanghai/China, wo er den Krieg überlebte.

Die El Paso Times vom 28. April - 1. Mai 2010 veröffentlichte einen Nachruf zum Tod von Jürgen Strauss und seiner Ehefrau Phyllis Hunter.

 


Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

Yad Vashem, Jerusalem,
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Franz Regnery, Jüdische Gemeinde Neuwied (DIF Neuwied 1988), S. 389

El Paso Times, Nachruf zum Tod von Jürgen Strauss
http://www.legacy.com/obituaries/elpasotimes/obituary.aspx?pid=142303735

Edgar Rütten und Andrea Scholz, Juden in Mönchengladbach_Rheindahlen
(mit weiteren Nachweisen)
http://docplayer.org/33202669-Edgar-ruetten-andrea-scholz-juden-in-moenchengladbach-rheindahlen.html

[127] Lt. Rütten, Änne (1995)
[128] Vgl. Einwohnerbuch (1923/1924), S. 190
[129] Vgl. Erckens (1989), S. 266
[142] Vgl. Pagelson (1988), S. 389.
[143] Lt. Strauß, Jürgen (1996).
[144] Lt. Stadtarchiv Dortmund (1995).
[145] Vgl. Gestapo Akte Oskar Strauß.
[148] Lt. Strauß, Jürgen (2000).
[149] Vgl. Cesarani, David (2000); vgl. o.V. (2000).
[150] Vgl. Strauß, Jürgen (1996).
[151] Lt. Strauß, Jürgen (2000).
[152] Vgl. Prell (1995), S. 4.
[153] Vgl. Strauß, Jürgen (1996).
[154] Vgl. Prell (1995), S. 4.
[156] Vgl. Prell (1995), S. 4.

Abb. 1 u. 2: Yad Vashem, Jerusalem

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Oskar Strauß arbeitete als Geschäftsführe des Kaufhauses<br />Eschelbacher in Neuwied<br /><br />Foto: Yad Vashem, Jerusalem
Abb. 1: Oskar Strauß
Edith Strauß, geb. Marcus, Ehefrau von Oskar Strauß<br><br>Foto: Yad Vashem, Jerusalem
Abb. 2: Edith Strauß, geb. Marcus
 
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